19 November 2006

 

Sprachgeschichtchen

Meine lieben Leute

Obwohl ich von Anfang an mit der deutschen Sprache aufgewachsen bin, gibt es doch einige nicht unwesentliche Unterschiede zwischen dem deutschen Deutsch und dem schweizer Deutsch. Hörbar werden die immer, wenn man spricht, oder sichtbar, wenn man schreibt... Ich will an dieser Stelle einige Bemerkungen loswerden, um auf mindestens einen Sprachpuristen einzugehen, dem ich ja schliesslich gezeigt habe, dass ich halbwegs anständiges Standarddeutsch sprechen kann... ;-)

- Was ist der Unterschied zwischen den Massen und den Massen? Klar, ein langes und ein kurzes /a/, respektive ein /ss/ und ein /sz/ß/ und natürlich die Bedeutung. Damit wäre auch die Regel erklärt: langer Vokal oder Diphthong: /ß/; kurzer Vokal: /ss/ - die Masse und das Maß.
Erleichtert diese Regel das Verständnis der deutschen Sprache, sind die Schweizer einfach intelligenter oder die Deutschen einfach regelversessen? Ich bin für das zweite, denn mir erscheint kein Nutzen durch die Verwendung des /ß/. Ausser dann vielleicht, wenn Fremdsprachige deutsche Texte lesen, aber nicht, wenn sie sie schreiben oder wenn diese Wörter einzeln auftauchen. Ansonsten reicht doch der Zusammenhang, um auf die Bedeutung von /Massen/ zu kommen. Zudem wird der Schreibunterschied beim sprechen nicht hörbar.

- Hörbar werden die Unterschiede zum Beispiel bei der Verwendung reflexiver Verben. In Deutschland kann man sich nämlich nicht nerven oder aufregen: Entweder man ist genervt oder eben nicht. Es gibt also keinen Moment, in dem man seinen Gegenüber warnen kann, dass das Gesprächsthema gewechselt werden muss, weil man sonst genervt sein wird. Hmmm... Ich folgere daraus, dass immer Vorsicht geboten ist, wenn ich mit Deutschen spreche, da sie mir vor dem Genervtseinszustand nicht sagen können, dass sie darauf zusteuern, respektive, dass sie in diesem Moment aufgeregter sind als in jenem vor kurzem. Obige Feststellung, bezüglich der Intelligenz, werde ich jetzt aus Pietätsgründen nicht wiederholen.

- „Guten Tag, ich hätt gerne drei Schrippen.“ – „Ja [...] außerdem?“ – „Wie bitte?“ – „Außerdem?“ – „Entschuldigen Sie bitte...“ – „Außerdem?“ – „Danke, einen schönen Tag.“
In etwa so gesprochen an einem frühen Morgen in der Bäckerei in unserem Haus, von der Verkäuferin und mir. Ich wollte mich durch die Verwendung des Wortes „Schrippe“ als Insider ausgeben, doch schlug dieser Versuch an anderer Stelle rasch fehl: Auch mit /ß/ hätte ich nicht verstanden, was sie von mir wollte. Ich stand da wie ein Idiot und habe mich gefragt, was die denn von mir will: „Ja was, was ist denn geschehen, was 'ausserdem'?“
Hoffentlich betrachtet Ihr mich jetzt nicht als dumm und wenn Ihr das tut, so bitte ich Euch zu bedenken, dass es mindestens um 6:30 Uhr am Morgen war ;-) Wie dem auch sei, ich finde die schweizer Variante: „Döf’s suschd no öpis si?“ [Darf es sonst noch etwas sein?] als wesentlich netter und verständlicher – vor allem am Morgen früh...

Bei diesen Unterschieden kann man sich selbstverständlich streiten, ob sie nun minim sind oder nicht, doch machen sie das Leben hier in Berlin interessant und witzig. Wiederum möchte ich mich eines Werturteils enthalten, denn die Hauptsache ist, dass die Kommunikation funktioniert, wobei „funktionieren“ verschieden angesehen werden kann ;-)

Falls jemand Mühe mit dem Verständnis dieses Eintrags hat, darf ich gerne kontaktiert werden ;-)

Grüsse an alle Sprechenden und nicht-Sprechenden dieser Welt


Comments:
Ihr hat mir gestern wirklich Angst gemacht mit ihren Schweizeriches Deutsch... aber ich glaube, es ist toll. West-Flamisches Flamisch (mein Dialekt) ist eigentlich genau dasselbe :)

Respekt! :P
 
Als Schweizer kann ich dazu nur sagen:
Ich gah go poschte, aber nid mit em car, sondern mit em Velo.
Ach ja, Schwedisch lernt sich als Schweizer übrigens einfacher als als Deutscher. Der wüsste nämlich nicht einmal was "basäng" sein soll.
 
"Basäng" hahaha: Ein Bier für jeden Deutschen, den ich kenne, der mir sagen kann, was das ist. Mogeln nicht erlaubt!
 
hopp sankt gallen, fürri mit dem ballen!
 
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