26 Oktober 2006

 

die ersten 20 Tage

Meine lieben Leute

Seit dem 4.10. bin ich nun in Berlin und habe mich auch schon gut daran gewöhnt. Ich bin hier der Schweizer mit dem wundrprächdigen Akzent, den ich nicht so sehr verstecke. Dies hat zur Folge, dass ich meistens nett behandelt werde, herrscht hier doch ein positives Bild der Schweizer vor - allerdings werde ich teilweise auch nicht so gut verstanden...
Ich habe mir noch keine Dönervergiftung eingefangen, denn ich arbeite daran, dass es diese im Dönerhimmel gut haben. Bild eines Plattenbaus (Quelle: wikipedia.de)
Seit gestern habe ich nun ein Velo, das ich von einem DDR-Pensionär erhalten habe. Er wohnt in einem klassischen Plattenbau (vgl. Bild: Quelle wikipedia - es war ja dunkel) zuoberst - es war schon schade, dass es schon dunkel war - zwecks Aussicht. Seine Beschäftigung seit der Wende ist nun dieselbe, die er als kleiner Junge ausführte: Er flickt Fahrräder und bessert so sein Einkommen auf. Heute ist das nun seine Rente.
Seit ich hier bin, bin ich auch ganz schön fleissig. Alsbald ich mein Studienprogramm zusammengestellt habe (was natürlich nicht heisst, dass es jetzt schon steht), habe ich in verschiedenste Veranstaltungen reingeschaut und so quasi jeweils die Dozenten, ihre Präsentation und den Inhalt sondiert. Diese Methode ist hier gang und gäbe. Auf jeden Fall kam dann ein anständiges Programm zustande (bin ja schon immer ein seriöser und lernwilliger Student gewesen), das ich in keinster Weise erfüllen kann. Langsam aber sicher habe ich es doch zusammen und wie schon vielfach gehört und gesagt, braucht jeder Mensch, insbesondere der Student Mut zur Lücke.
Was sind denn sonst noch meine Eindrücke neben dem gestressten Studentenleben: Ich bin ja nicht verklemmt, gewisse Menschen würden mir gar jegliche Prüderie absprechen ;-) Trotzdem finde ich es schon sehr verwunderlich, wenn die Deutschen - entschuldigt die verallgemeinernde Feststellung - an ihre historischen Gebäude solche Werbung hängen, wie diese von Palmers (siehe Bild und zur detaillierten Ansicht: www.palmers.de). Es ginge ja noch, wenn sich diese historischen Gebäude in einem Industriegebiet befänden, doch sind diese an prominentester Stelle der Stadt, wo jeder Tourist vorbeigeht: Unter den Linden, gegenüber meiner Humboldt-Universität... Schaut Euch das Photo an: Palais am Bebelplatz mit Palmers
Über den Geschmack der Wäsche lässt sich zum Glück ja streiten (meine Meinung steht hier allerdings nicht öffentlich zur Debatte). Mir kam dann einfach in den Sinn, dass sich irgendwelche fundamentalistische Touristen - falls es solche gibt - in ihrer Vorstellung der entarteten deutschen/westlichen/christlichen/kapitalistischen/welcherArtmansieauchimmerbezeichnen-willwasjamitdenandernzusammenhängtwiesiedennimmerfundamentalistischsind Kultur bestärkt werden. Auf jeden Fall hätt ich dieses Plakat nicht da aufgehängt.
Ein anderes Thema: Berlin versinkt ja in 60'000'000'000.- Euro Schulden. Vor wenigen Tagen ist die Klage des Bundeslandes Berlin vor dem Bundesverfassungsgericht Palast des Volkes im Abbruchstadiumabgelehnt worden, wodurch es Finanzhilfe bekommen hätte. Trotzdem wird an allen Ecken und Enden gebaut. Die Frauen am Bebelplatz bedecken (;-)) die Baustelle zur Wiedererrichtung der Pergola am Palais, die nach dem Krieg nicht wiederaufgebaut wurde (über Sinn oder Unsinn lasse ich mich nicht aus, auch wenn ich das dürfte), der Palast der Republik, der zwischen 1998 und 2001 aufwendig und vor allem kostenintensiv vom Asbest befreit wurde, wird abgerissen (Bundestagsbeschluss von 2003!) und es wird gar diskutiert, ob dort das Humboldt-Forum zu stehen kommt mit einer Rekonstruktion der Fassade des Berliner Schlosses, mit geschätzten Baukosten von 590'000'000.- Euro... Dies sind nur zwei Beispiele einiger weiterer Wiederaufbauten, für sinnvolle Ausgaben, wobei die Pergola von einer Stiftung finanziert wird.

Nun, da ich nun noch einige private Mëils schreiben werde und danach Bier trinken gehe, beende ich meine Ausführungen, freue mich über Kommentare und Meldungen oder gar Post:
Michael Gabathuler
Schlesische Strasse 20
10997 Berlin

Wenn Ihr mich anderst erreichen wollt:
natel: +49 1511 44 57 614
fix: +49 30 690 01 511

17 Oktober 2006

 

zurück in Berlin und los!

Nach einem schönen Aufenthalt im nordisch kalten Finnland bin ich wieder zurück im Land der Currywurst (sie war heute ganz gut, auch der Kartoffelsalat dazu). Finnland kam mir äusserst holzig vor und im Vergleich zu Berlin würden böse Zungen und ich behaupten, dass es sich bei Helsinki und Joenssuu um Schlafstädte handelt ;-) Vielleicht später mehr dazu...

Heute habe ich meine ersten Veranstaltungen besucht, die sich eigentlich gar nicht so sehr von meinen ersten U-Bahnerfahrungen unterscheiden - abgesehen davon, dass es sich bei ihnen natürlich um ganz normale Veranstaltungen an einer Universität handelt:
Nachdem ich das erste Seminar besucht hatte, habe ich mich mit etwa tausend anderen in einen Raum für 30 Personen gezwängt, wobei mir natürlich bewusst war, dass die Anmeldung, die ich circa 30min vor Seminarbeginn abgeschickt hatte, sich nicht unbedingt positiver als keine Anmeldung für meine Aufenthaltserlaubnis auswirken würde... Prompt kam es wie es kommen musste. Mit den anderen Studenten, die sich noch im alten System befinden, wurde ich quasi regelrecht rausgeworfen - die jungen Schnösel, also die im neuen System, durften ohne Anmeldung der Veranstaltung beiwohnen - in der Schweiz werde wir 'Alten' ja auch nicht mehr für alle Veranstaltungen zugelassen...
Hermann heiterte mich dann vor der Uni auf, indem er mich von meinem, kurzfristig in Betracht gezogenen, Bibliotheksbesuch abgehalten hat. Nach diesem Schwatz habe ich mich auf den Weg zu einer weiteren Veranstaltung gemacht. Diese Vorlesung zum Islam konnte aber nicht in diesem eingerüsteten Gebäude stattfinden, vor dem ich in jenem Moment stand und es schon umkreist hatte. Ein älterer Herr schien dasselbe Problem zu haben und irgendwie bin ich ihm dann nicht einfach davongelaufen, obwohl er sehr eigenwillig nach einem anderen Veranstaltungsort fragte - unter anderem auch einen Billetkontrolleur vor dem Dom... Wir fanden dann allerdings doch einen Raum im Dom, in dem eine Vorlesung abgehalten wurde. Der ältere Herr, der mir versicherte, den Dozierender unserer Islam-Vorlesung zu kennen, ging rein (das alles circa 15min zu spät), ich noch rasch für kleine gabas. Als ich mich dann schliesslich neben ihn setzte und zuhörte, realisierte ich erstaunt, dass wir nun in einer Vorlesung zur Metaphysik sassen, zum Glück eine Einführungsvorlesung... Immerhin war es interessant und falls die Islamvorlesung schlecht sein sollte, wäre dies eine Alternative. Interessant war ebenfalls die Reaktion des älteren Herrn, der sich kaum etwas anmerken liess, zwischendurch verstohlen zu mir rübersah, sich aber nicht regte und mit geschlossenen Augen den Schilderungen des Professors lauschte. Ihn am Ende darauf ansprechen, konnte ich leider nicht, da er vor dem Ende verschwand...

09 Oktober 2006

 

Umgang mit Geschichte

Nachdem ich heute morgen bei der Kasse der Uni mein Begrüssungsgeld doch noch erhalten habe und mir ein Buch kaufte, damit ich der studentischen Hauptbeschäftigung weiter nachgehen kann - nicht dass ich schon alles gelesen habe, was ich mitnahm ;-) - bin ich in den Humboldt-Hain gefahren, um im schönen Sonnenschein auf einer Parkbank zu lesen, was ich auch geschlagene drei Stunden tat.
Anschliessend vertrat ich mir ein wenig die Beine, was ja gut sei für den Kopf...
Auf jeden Fall stiess ich dann dabei auf die höchste Erhebung Berlins, die Humboldthöhe mit ihren 35m über NN (vgl. wikipedia). Es ist ein wunderbarer grüner Hügel, es gibt gar eine Rodelbahn.
Von der Aussichtsplattform hat man einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt, wobei der Ausblick selbstverständlich einiges schöner als die Stadt ist. Wie dem auch sei, nicht nur Photographen mit grossen Kameras werden behindert, sondern auch potenzielle Selbstmörder. Allerdings, sofern sie ihre letzten Kräfte aufbringen konnten, werden sie sehr wahrscheinlich das erwünschte Ende finden, wenn sie es schaffen, sich auf die den unteren Weg begrenzende Absperrung zu werfen [mir kommen da jetzt noch weitere unschönen Gedanken in den Sinn, die ich in Anbetracht des guten Geschmacks und sensibler Leserschaft nicht wiedergebe - sofern ich natürlich nicht bereits zu weit gegangen bin]... Eigentlich wollte ich damit nur sagen, dass ich micht nicht zu erinnern vermag, jemals an einem solchen Ort eine derartige Abschrankung gesehen zu haben. Einerseits hätte es in Berlin genügend Brücken und andererseits ergibt sich mit dieser Abschrankung ein spezielles Landschaftsbild. Um mich zu überzeugen, dass meine Ideen nicht allzu abwegig sind, habe ich mich zudem noch mit einem circa 50jährigen Deutschen darüber abgesprochen. Nun denn, wieso könnte man sich überhaupt von einer Seite von einem Hügel stürzen?
Es ist folgendermassen: Bei dem Hügel handelt es sich eigentlich um einen Schutthaufen (wie bei den meisten oder gar allen Erhebungen in Berlin) von ca. 1.5 Mio. Kubik Material. Dieses Material bedeckt einen Flakturm, der von Hitler 1941 auf eigenen Befehl in Auftrag gegeben wurde. Innerhalb zweier Jahre stand dieser, zum Teil mit 2,5m dicken Mauern. Die Alliierten vermochten ihn dann nicht vollständig zu sprengen, worauf er mit Trümmerschutt zugedeckt wurde, aber eben nicht ganz, weil auf der einen Seite das U-Bahntrasse liegt - ja, die U-Bahn ist in Berlin eben nicht überall eine U-Bahn. Es hat darin auch noch Hohlräume die man auf Führungen besichtigen kann - wie gesagt, das Teil war oder ist riesig, ist es doch 35m hoch (vgl. www.berliner-unterwelten.de).
Nun denn, ich hab mir das dann genauer angeschaut, es hatte Photos am Eingang - z.B. ist 1987 ein Student darin zu Tode gestürzt als er reinging und sich mit einem Freund umschaute... Mit einem komischen Gefühl nahm ich dann den Rückweg unter die Füsse und dachte dabei, was sich wohl alles für Trümmer unter meinen Füssen befinden. Ich versuchte mir vorzustellen, was die Steine dieses Berges wohl darstellten, bevor er hier lag, bevor dieser Flakturm stand...
In etwas grübelnder Gemütslage lief ich wieder der U-Bahnstation zu, um mich auf den Weg zum Alexanderplatz zu machen, den ich mir noch einfach so anschauen wollte. Ich sah dann einen Hund, schaute ihm beim schnuppern zu und staunte nicht schlecht, als die Besitzerin mich lachend ansah und ihn mit folgenden Worten rief: "Komm [weiss den Namen des Hundes nicht mehr], sonst kommen die Lümmel der SS wieder mit ihren Gummiknüppeln, die würden dich dann fressen."
Naja, dachte ich mir, das Leben geht weiter und vielleicht geht's am besten heiter...

 

Anfänge in Berlin

Meine lieben Leute
Dies soll, wie es auf der linken Seite steht, mein Blog über meinen Berlinaufenthalt werden. Wie das so ist in diesen modernen Grossstädten, habe ich mir einiges für dieses Abenteuer vorgenommen, unter anderem natürlich diesen Blog. Doch zu Abenteuern gehören immer wieder Aufgaben, Hindernisse oder gar Prüfungen, die einem von Dämonen, Kobolden oder sonstigen netten Wesen in den Weg gestellt werden. Dies hat zur Folge, dass nun im ersten Eintrag nicht eine Berichterstattung über meine ersten Tage zu lesen ist, sondern die Klage, dass es nicht immer möglich ist, das Abenteuer so zu bestehen, wie man sich das vorgestellt hat. Verhindern tun dies verschiedenen Dinge. Das können natürlich Schwierigkeiten bei der Immatrikulation sein, geschlossene Schalter an denen man die Willkommensgeschenke der Stadt Berlin entgegennehmen will, verantwortungsvolle Bankangestellte, die verständlicherweise eine Anmeldebestätigung der Meldebehörde Kreuzbergs zur Kontoeröffnung benötigen, U-Bahnen, die so mir nichts dir nichts einfach einige Stationen weiter fahren als man dies eigentlich möchte, Dönerbuden, die nur halb schmackhaften Döner verkaufen oder einfach irgendwelche Drachen, die gefeit vor des DrachentöteBlick aus meinem Fensterrs Schwert sind....
So auch in diesem Moment, in dem mir der kleine Teufel auf der Schulter die Frage stellt, ob ich lieber hier weiter schreibe und ihn damit besiege, oder nicht in das verheissungsvolle Bett steige, in dem mich unterhaltsame, gewagte und verführerische Träume erwarten.
Nun, ich und der nette kleine Teufel auf meiner Schulter denken, Euch alle mit meinen ersten klaren Bemerkungen bei der Stange halten zu können, da wir Eure Neugierde damit erst ein wenig gekitzelt haben. Die Träume sind mir doch momentan die grösste Versuchung. Deshalb höre ich hier auf und vertröste Euch auf die nächsten Tage, an denen ich mir weiter die Finger wund schreiben werde...
Ach ja, das ist der Ausblick aus meinem Fenster .
Bis denn dann...

This page is powered by Blogger. Isn't yours?